Urs Ernst ist nach 27 Jahren als Kulturgüterschutz-Chef des Zivilschutzes Wettingen-Limmattal zurückgetreten.
Urs Ernst holt eine dicke Aktenmappe aus seiner Tasche: Evakuationspläne, Tabellen und Verzeichnisse. Er legt die Mappe vor sich auf einen Tisch im Restaurant Sternen in Wettingen und setzt sich. Dann holt Urs Ernst einen Plan der Klosterhalbinsel aus den Unterlagen hervor. Darauf sind alle schützenswerten Gebäude eingezeichnet, einige betreut der Kanton, andere die Gemeinde – der Kulturgüterschutz kennt sie alle.
27 Jahre war der gebürtige Würenloser als Kulturgüterschutz-Chef für den Zivilschutz Wettingen-Limmattal tätig. Aufs neue Jahr ist er nun zurückgetreten. «Es ist langsam Zeit geworden», sagt Urs Ernst. Der 61-Jährige blickt ernst über die Ränder seiner Brille, dann lächelt er. Sein Nachfolger wird Pascal Pfeffer werden.
Vom Ingenieur zum Kulturschützer
Seine Karriere im Zivilschutz hat aussergewöhnlich lange gedauert. «Mir hat die Arbeit einfach sehr viel Spass bereitet.» Und das, obwohl Urs Ernst immer schon mehr an der Mechanik interessiert war.
So lernte er Maschinenzeichner im Oederlin-Areal und leitete später ein Maschinenbau-Ingenieurbüro. 17 Jahre war er selbstständig und arbeitet seit 2006 im Kernkraftwerk Leibstadt.
Auch dem Zivilschutz war er nicht von Anfang an zugeteilt. «Ich war in der Rekrutenschule und habe Militärdienst geleistet.» Darunter waren auch zwei Tage Aktivdienst: 1985 musste der Würenloser an der Genfer Gipfelkonferenz Wache stehen.
Dort trafen sich US-Präsident Ronald Reagan und Michail Gorbatschow, Generalsekretär der Sowjetunion. «Gesehen habe ich aber keinen von beiden», sagt Urs Ernst. Er schmunzelt und fügt an: «Einen Kugelschreiber mit den Namen der beiden habe ich erhalten, den besitze ich heute noch.»
Er kennt die Dokumente und Reliquien der Region
Fünf Jahre später holte sich Urs Ernst im WK einen Kreuzbandriss, worauf er als dienstuntauglich eingestuft und dem Zivilschutz zugewiesen wurde.
Ein Jahr nach seinem Unfall begann er seine Karriere im Zivilschutz Würenlos und liess sich gleich zum Chef des Kulturgüterschutzes ausbilden. 2004 wurde aus der Organisation der Zivilschutz Limmattal und vor zwei Jahren schliesslich der Zivilschutz Wettingen-Limmattal.
«Es ist wirklich interessant, was es in unserer Region alles gibt», sagt Urs Ernst. Seine Augen leuchten auf; er hat viele Dokumente und Reliquien gesehen, die der Öffentlichkeit verwehrt bleiben. So habe er schon alte Steuer- und Taufbücher aus dem 16. Jahrhundert in Kirchen- und Gemeindearchiven gelesen.
Doch nicht nur Dokumente findet Urs Ernst interessant: «Ich hätte wohl ohne den Kulturgüterschutz nie erfahren, dass es in Neuenhof einen Römerweg gibt.» Auch die Höhlen des Emma-Kunz-Zentrums hat er schon fotografiert und dokumentiert. Das ist eine der Hauptaufgaben des Kulturgüterschutzes.
Evakuationspläne gehören auch dazu
Seit 2017 ist der Kulturgüterschutz auch im Bereitschaftselement des Zivilschutzes Wettingen-Limmattal integriert.
«Wir haben daher auch Pläne für die Evakuation von beweglichen Gegenständen wie Bücher, Bilder und so weiter erstellt», erklärt Urs Ernst. Diese benötigt die Feuerwehr im Falle eines Brandes oder bei Hochwasser. In all den Jahren sei es in der Region aber noch nie so weit gekommen.
Urs Ernst blickt aus dem Fenster zum Eingang des Klosters. Wird er seine Aufgabe nicht vermissen? Ein bisschen.
Er lächelt und sagt: «Der Kulturgüterschutz wird mich wohl nie mehr ganz loslassen.» Denn egal, wo er hingehe; die interessanten und schützenswerten Gebäude erkennt er sofort.